BND - Standort Pullach
Ein Projekt von Andreas Magdanz
 
DER BND   Bereits vor Aufnahme seiner Tätigkeit am 1. April 1956 war der Bundesnachrichtendienst (BND) untrennbar mit dem Standort Pullach bei München verknüpft. Die bayerische Ortschaft steht seit Dekaden synonym für ein bedeutendes wie streitbares Kapitel deutscher Nachkriegsgeschichte, das nach Einschätzung des amtierenden BND-Präsidenten Dr. August Hanning noch heute durch „Meinungen, Klischees und Vorurteile“ geprägt ist. Der am 10. April 2003 unter Leitung von Bundeskanzler Gerhard Schröder getroffene Beschluss des Sicherheitskabinetts, die Geheimdienstzentrale nach Berlin zu verlegen, bedeutet eine tief greifende Zäsur im Selbstverständnis der Aufklärungsbehörde. Im Zuge der Umzugsmaßnahme bot sich Andreas Magdanz nun die historische Möglichkeit, das geschichtsträchtige Areal in Pullach, das als Folge des Standortwechsels voraussichtlich 2011 weitgehend aufgegeben wird, im Rahmen eines künstlerischen Photoprojekts, ohne Zugangsbeschränkungen ins Visier zu nehmen.
 
DAS PROJEKT Ziel des künstlerischen Projekts »BND - STANDORT PULLACH« von Andreas Magdanz ist eine umfassende photographische Dokumentation des 68 Hektar großen BND-Kerngeländes in Pullach. Im Zentrum des Projekts steht die Erstellung eines hochwertigen Photobuchs, das im April 2006 im renommierten Kölner Verlagshaus DuMont erscheinen wird. In Analogie zu dem Projekt »DIENSTSTELLE MARIENTHAL« wird die BND-Dokumentation nach kartografischen Grundlagen erfolgen, um dem Rezipienten auf visueller Ebene eine Orientierung des hermetisch abgeschirmten Geländes zu ermöglichen. Kriterien der Sichtung bilden hierbei topografische, funktionale und historische Parameter.
 
DIE GROSSFORMAT-PHOTOGRAPHIE Wie kein anderes Medium ist hierbei die Großformatphotographie geeignet, die geschichtsträchtige Thematik auf visueller Ebene inhaltlich wie medial zu verdichten. Ihre spezifische Qualität bringt der Medientheoretiker Peter Weibel zum Ausdruck: "Das [photographische, d. Verf.] Großbild richtet die Aufmerksamkeit auf die Wahrnehmung selbst. Wir werden gewahr, dass wir wahrnehmen. Durch diese Beobachtung zweiter Ordnung, diese Beobachtung der Beobachtung, entsteht erhöhte, intensivierte, multiplizierte Aufmerksamkeit." Im Falle der BND-Zentrale Pullach wird der Diskurs nochmals dadurch forciert, dass die Funktion der beobachteten Institution selbst dezidiert auf Informationsbeschaffung ausgerichtet ist. Die einzelne künstlerische Bildleistung besteht demnach in der Aufgabe, auch dasjenige, was auf visueller Ebene an Information gerade nicht transportiert wird, mitzureflektieren. Die Schlüsselfrage lautet also: Was ist nicht sichtbar? Kernpunkt der methodischen Umsetzung ist daher der Einbezug der Autorenschaft, der auf der Subjekt- und Objektebene zugleich den Rezipienten mit einschließt. Die künstlerische Umsetzung tritt hierbei bewusst in Dialog mit dem von Mythen besetzten Sujet, dem Label BND in seinen vielschichtigen ambivalenten Konnotationen. Es gilt, den schmalen Grat zwischen Bild und Image, zwischen Information und Desinformation, zwischen Mystifikation und Wahrheit auf der Bildebene auszuloten.

Christoph Schaden